Im Folgenden möchte ich erklären, wieso dies häufig zu unrecht geschieht.
Der obere Trapezmuskel genießt diesen bescheidenen Ruf wohl, da man ihn aufgrund des oftmaligen Steifheitsgefühls in dieser Gegend als verspannt oder gar zu stark ansieht. Ein verspannter Muskel muss aber nicht zwingend zu stark sein. Das haben uns Werke von Physio-Professoren ala Shirley Sahrmann gezeigt.
Zeigt man bei seinem Masseur auf diesen Punkt, wird dieser erstmal kräftig Hand anlegen um dem Steifheitsgefühl mit Massagetechniken Abhilfe zu schaffen. Nach meiner Erfahrung und auch der einiger amerikanischer Kollegen ist dieser Trapezmuskel oft zu SCHWACH. So könnte das Lockern dieses Muskels hier nach hinten losgehen - wenn man bedenkt, dass der Muskel ohnehin über zu wenig Spannung verfügt. Der obere Trapezmuskel ist ein wesentlicher Faktor bei der Überkopfbewegung des Arms und sollte daher maximal gut angesteuert werden. Er ist an der Hebung des Schultergürtels beteiligt und dreht auch das Schulterblatt.
Hier ein Beispiel einer Überkopfbewegung der Arme, bei der dieser Muskel Training benötigt (danke an meinen Kollegen aus den USA):
Speziell der linke Arm ist eingeschränkt in seiner Bewegung. Dies erkennt man daran, dass der obere Trapezmuskel den Schultergürtel nicht so sehr hebt, wie es rechts geschieht. Zudem versucht die Patientin mit dem Kopf auszuweichen, indem sie diesen nach vorne streckt. Hier sehr ihr mich selbst, wie ich die "Wallslide"-Übung ausführe:
Damit sie bestmöglichst funktioniert, versuche ich:
- mir den Kopf als Verlängerung des Rückens vorzustellen, in dem ich das Kinn zum Körper ziehe. Dies entlastet zudem die Nackenmuskulatur.
- den Schultergürtel mit einem natürlichen Rhythmus mit nach oben zu nehmen. So werden auch Rücken- und Brustmuskulatur gedehnt. Dabei will ich möglichst nicht ins Hohlkreuz ausweichen.
- beide Arme so gut es geht parallel zueinander zu halten. Ein nach Innendrehen der Arme kann die Folge von zu steifen Schulter, Brust oder Rückenmuskeln sein.
Bei anhaltendem Steifheitsgefühlen im Nackenbereich oder Problem beim Anheben des Arms einfach unverbindlich anfragen: info@bewegungscoach-niederbayern.de
Im Artikel "Beispiel eines Schultersyndroms" habe ich die Problematik mit abgespreizten Ellbogen behandelt. An einem normalen PC-Arbeitsplatz, wird der Ellbogen permanent abgespreizt. Sowohl beim Arbeiten mit einer Tastatur, und noch viel mehr beim Arbeiten mit einer Computermaus. Beispiel hier:
Der Ellbogen bewegt sich weg vom Rumpf - in der Medizin nennt man diese Bewegung "Abduktion" (=Abspreizung). Diese Armbewegung kann auf Dauer sowohl steife Schulter- bzw. Armmuskeln mit sich bringen. Zudem kann sie mit einer Tennisellbogen-Problematik einher gehen. Auslöser für den Tennisellbogen ist u.a. eine ständige pronierte Handstellung (Handrücken zeigt nach oben). Und genau das haben wir beim Bedienen einer herkömmlichen Maus oder Tastatur:
Hier zum Vergleich nochmal eine neutrale und pronierte Handstellung:
Wie eine Drehung der Hand eine veränderte Schulter/Arm-Position bewirken kann, kann jeder für sich mit Hilfe eines Spiegels sehen:
Stell Dich vor den Spiegel und halte deinen Ellbogen neutral (bei den Rippen) am Körper. Beuge jetzt den Arm, sodass zwischen Ober- und Unterarm ca. 90 Grad herrschen (ähnlich wie beim Arbeiten am Schreibtisch). Jetzt drehe die Hand von der neutralen in die pronierte Stellung und beobachte den Einfluss auf den Ellbogen. Er zeigt nicht nur etwas nach außen - in vielen Fällen geht der Arm direkt in eine Abspreizbewegung vom Rumpf weg.
Dies ist zum Beispiel eine weitere problematische Angewohnheit, die mein letzter "Ellbogen-Patient" mit sich brachte:
Jede Bewegung aus dem Alltag kann einen Einfluss haben. Sowohl wenn es um das Bedienen von Geräten geht, aber auch wenn es sich um Bewegungen handelt, die nur mit dem eigenen Körper stattfinden.Der Tennisellbogen verdeutlicht mir immer wieder, wieso das Training EINES Muskels oft nicht zum Ziel führt. Es ist nie so einfach wie: "Muskel A ist schwach und B zu stark. Also trainiere Muskel A." Und sogar beim Tennisellbogen spielen Arm, Handgelenk und sogar Schulterblatt und Nacken eine Rolle.
Neben Korrekturübungen gibt es auch hier wieder Abhilfen für den (Büro-)Alltag.
Hier ein Beispiel einer ergonomischeren Maus, die Karpaltunnel, Ellbogen und Schulter schonen kann:
Leidet ihr auch unter Ellbogen-, Schulter- oder Handgelenksproblemen beim Tippen? Ich habe nicht nur die passenden Übungen, sondern auch Tipps für den Alltag!
Das nächste mal geht es vielleicht um das "Karpaltunnelsyndrom" ;-) ...
Wie immer ein Beispiel anhand einer meiner Klienten: Dieser kam aufgrund von Schmerzen in der Lendenwirbelsäule zu mir. Und das ist auch nichts Unnormales, wenn man einen Job hat, bei dem man ständig auf Achse ist. Jetzt möchte der Kunde gerne von mir, dass ich ihm in Sachen Rückenschmerz Abhilfe verschaffe. Das kann ich zwar mit meinen Übungen. Aber nur, wenn er die restliche (Arbeits)Woche auch was für mich tut: Nämlich darauf achten, WIE er sitzt.
Nun ist es an mir, mir vorzustellen und herzuleiten, wie er den Alltag im Auto verbringt. Manche Dinge kann ich über Bewegungstests in Erfahrung bringen. Bei manchen Dingen (wie Schmerz) kann ich den Kunden auch direkt fragen. Doch ich habe meistens keine Ahnung, wie sein Autositz beschaffen ist. Wie auch - ich verkaufe keine Autos. Wenn also mein Trainingssystem effektiv sein soll, kann ich jedoch Folgendes machen: Ich kann ihm z.B. deutlich machen, welche physikalischen Kräfte auf sein Hüftgelenk einwirken.
Ich habe mich letztens beim Autokauf beraten lassen und der Verkäufer fragte, ob ich eine ausziehbare Stütze für meine Oberschenkel möchte. Ich antwortete "ja" und zeigte ihm mit dem Handy folgendes Bild aus meinem ersten Blog-Artikel:
Er sagte nur: "Ja, genau! Das meine ich". Und ich war froh. Denn was auf den ersten Blick wie eine komplexe, wissenschaftliche Zeichnung aussieht, ist mit "freien" Gedanken und Aufmerksamkeit (auf bayerisch: "grod aussa") leicht nachvollziehbar. Ich habe mir also das Auto mit dieser Stütze bestellt. Das solltest Du übrigens auch, wenn du Hüft-, Knie- oder Rückenprobleme hast. Und erst recht, wenn Du oft auf der Straße bist. :-)
In diesem Sinne: eine gute Fahrt.
Eine verlernte Bewegung wird zur Haltungsübung
Es ist kein Geheimnis, dass wir in unserer westlichen Gesellschaft eine Menge Zeit im Sitzen verbringen. Sitzen selbst ist nichts Unnatürliches für einen Menschen – doch beim Sitzen auf einem Stuhl sieht das Ganze etwas anders aus. Schauen wir uns z.B. ein Kleinkind oder Gegenden auf der Welt an, wo Stühle nicht so verbreitet sind. Hier gehört Sitzen hier und da auch dazu – doch nicht auf einem Stuhl.
Was mich in meinem Beruf immer beschäftigt: Wozu sollte ein menschlicher Bewegungsapparat in der Lage sein und wozu nicht? Bei dieser Kniebeugen-Variante, die oben zu sehen ist spricht Einiges dafür, dass wir diese Beweglichkeit auch im Erwachsenenalter aufbringen sollten.
Deshalb werde ich im Folgenden auf einige Haltungen und Aktivitäten in unserer modernen Gesellschaft eingehen. Desweiteren den Bewegungsapparat von den Füßen bis hinauf zum Nacken/Schulterbereich durchleuchten und Argumente für die „Kleinkind-Kniebeuge“ liefern:
Füße
Hierzu ein Foto eines typischen Sportschuhs:
Hier sehen wir, dass der Schuh im Bereich des Vorderfußes nach oben eine Kurve macht. Dies befördert unsere Zehen in eine permanente Streckung. So können wir in diesem Bereich kaum Kontakt mit dem Boden aufbauen. Durch die erhöhte Ferse können wir auf Dauer auch unser Sprunggelenk in Mitleidenschaft ziehen. Zudem werden wir an einer steifen Achillessehne leiden.
Knie
Senzario überstreckte Knie:
Dieses Szenario betrifft häufiger Frauen durch das Tragen von hohen Absätzen. Doch auch Laufschuhe haben schon eine gute Fersenerhöhung, die das Risiko von überstreckten Knien erhöhen.
Ein weiteres Bewegungssproblem, das Knieprobleme verursacht, sind nach innen rotierte Oberschenkel. Auch diese Bewegungsweise findet man häufiger bei den Bewegungsweisen einer Frau (nichts für ungut :-)).
Hüfte
Ein Szenario, das häufig Probleme im Hüftgelenk verursacht ist ein überstreckter Hüftbereich, öfters gepaart mit einem nach vorn gleitenden Oberschenkelknochen. Ich habe darüber bereits u.a. im Artikel „Hüfte und Sitzen“ berichtet:
Unterer Rücken
Ein überstreckter, unterer Rücken - umgangssprachlich (zu viel) Hohlkreuz - ist ein häufiger Verursacher von Rückenschmerzen – mehr dazu im Artikel „Hohlkreuz korrigiert“.
Oberer Rücken/Schultern
Ein weiteres Problem in unserer Gesellschaft ist die exzessive Rundung des oberen Rückens – oft gepaart mit Einschränkungen der Schulter durch die veränderte Brustkorb-Stellung:
Nacken/Halswirbelsäule
Aufgrund der oft nach vorn gelehnten Haltung ist der Nacken oft überstreckt und es wird eine Vorwärts-Kopf-Haltung ersichtlich.
Kleine Zusammenfassung einer typischen Haltung in der westlichen Gesellschaft – Kette von unten nach oben:
• die Fersen unter unseren Füßen sind oft zu erhöht und strecken unsere Zehen zu stark, zudem eine erhöhte Belastung auf den Knöcheln
• die Knie sind oft zu überstreckt
• die Hüften sind oft in einer gestreckten Haltung (Hüfte befindet sich über den Knien)
• das Becken ist oft zu stark nach vorn gekippt oder der untere Rücken zu stark gekrümmt
• der obere Rücken ist meist zu rundlich
• der Nacken ist oft überstreckt (Vorwärts-Kopf-Syndrom)
WIE HILFT DIE KLEINKIND-KNIEBEUGE IN DIESEN DINGEN?
Wenn wir uns das obige Foto ansehen, treffen folgende Sachen zu:
• die Knöchel sind in der Dorsalflexion (Beugung zum Fußrücken hin).
Außerdem müssen sich die Zehen beugen, so dass sie Kontakt mit dem Boden herstellen. Das hilft uns das Gleichgewicht zu halten.
Wichtig ist, dass die Füße bei der Kniebeuge in einer LEICHT nach außen gedrehten Position zu halten. Die Füße versuchen nämlich in den meisten Fällen eine Ausweichbewegung und drehen sich weiter nach außen als gewünscht.
• die Knie sind gebeugt. Die Kniebeuge wird eure Knie in maximale Beugung befördern. Dies schafft Abhilfe bei zu gestreckten Knien. Zudem zeigen die Knie leicht nach außen, was gegen die Fehlfunktion des nach innen gedrehten Knies/Oberschenkel ankämpft.
• die Hüften sind gebeugt. Die Kniebeuge erzeugt eine maximale Hüftbeugung. Dies befördert den Oberschenkelknochen schön nach hinten zurück Richtung Gelenkspfanne, was oft eine Linderung von Hüftschmerzen bewirkt. Zudem hilft sie bei der Angewohnheit, die Hüfte durchzustrecken. Zusätzlich werden durch die leicht nach außen gedrehten Oberschenkel die Adduktoren gedehnt.
• der untere Rücken ist leicht rundlich. Eine echte Abhilfe für Kandidaten mit zu viel Hohlkreuz. Durch die tiefe Kniebeuge und die maximal gebeugten Hüften, rundet der untere Rücken und schafft hier Linderung in Sachen Rückenschmerz.
• der obere Rücken wird etwas gestreckt. Die Vorteile betreffen auch den oberen Bereich des Körpers. Man kann bei der tiefen Kniebeuge gut an der Beweglichkeit des oberen Rückens arbeiten und diesen in eine Streckung bringen – gute Übung für die oberen Rückenstrecker.
• der Nackenbereich ist „lang“. Der obere Rücken ist direkt mit der Halswirbelsäule verknüpft. Die tiefe Kniebeuge ist zwar in erster Linie keine Übung um Nackenprobleme zu beheben. Jedoch hilft sie den Kopf in einer angenehmen Position zu bringen. Also versucht hier ein leichtes Doppelkinn zu machen, um den Hals als Verlängerung des Rückens zu betrachten.
Ihr seht also, dass die tiefe Kniebeuge („Toddler Squat“) einige unserer Bewegungseinschränkungen ausmerzen kann. Deshalb zählt diese Übung zu meinen favorisierten Haltungsübungen. Wagt Euch doch mal an diese Übung und testet, ob ihr noch in der Lage seid, wie damals in die Hocke zu gehen!
Die Problematik bei Bodybuilder-Trainingssystemen - das Behandeln eines hartnäckigen Klientels
Diejenigen, die meine Arbeit ein bisschen verfolgt haben, haben bestimmt festgestellt, dass ich mich mit vielen Bewegungseinschränkungen beschäftige. Deshalb ist es legitim, dass man manchmal Fragen bekommt, wie „Wahrscheinlich sind dein Hauptklientel ältere Personen und Personen mit Schmerzen.“ Das stimmt nicht unbedingt. Abgesehen davon, dass Fehlfunktionen des Bewegungsapparates altersunabhängig auftreten, habe ich schon viele Leute betreut, die Bodybuilding/Krafttraining ausüben.
Ich hege immer noch eine Art Hassliebe für diesen Bereich. Immerhin fing ich vor fast 10 Jahren an, die ersten Kraftübungen zu machen und besuchte auch bald darauf Fitnessstudios. Lange Jahre war ich sogar VERFECHTER von gängigen Bodybuilder-Trainingssystemen, wie 3-Tages-Splits.
In den Jahren als Trainer im Fitnessstudio verfolgte ich immer die selben Prozesse. Kunden meldeten sich bei mir, die mit gängigen Bodybuilder-Übungen nicht mehr schmerzfrei trainieren konnten. Trainer Johannes verordnete also Übungen, die darauf abzielten, ein Krafttraining zu ermöglichen, ohne Schulter, Ellbogen etc. zu verschleißen. Sobald aber der Schmerz nachließ, fielen die Kunden wieder in alte Muster zurück, um einige Zeit später wieder Schmerz zu verspüren. Natürlich habe ich in diesem Bereich ziemlich oft mit Dickköpfigkeit zu kämpfen. Viel zu oft werden auch Dinge wie Muskelpump, Brennen oder Ziehen als Indikator genommen, die aber wenig Aussagekraft haben.
Häufigste Fehlfunktionen bei Bodybuildern
Der menschliche Verstand ist manchmal einfach gestrickt. So passiert es mir schon fast täglich, dass ich Bodybuilder/Fitnesssportler treffe, die versuchen, ihre körperlichen Dysbalancen mit folgendem Gedankengang auszugleichen: „Bodybuilder machen ja viel Bankdrücken und Brusttraining. Also muss ich sehen, dass ich den hinteren Bereich möglichst gut auftrainiere, um nicht unausgeglichen zu sein“. Ernsthaft? Ein Bodybuilder übt Kreuzheben und macht ohne Ende Schulter-Extensions-Übungen (Rudern, Klimmzüge, Überzüge etc.) und hat ein Defizit an Rhomboiden/mittlerem Trapez und hinterer Schultermuskulatur? Das soll die Ursache sein, weshalb schätzungsweise 80% der Bodybuilder Probleme in diesem Bereich haben?
Ein Gedankengang, den ich bedauerlicherweise auch bei einigen Physiotherapeuten in der Vergangenheit beobachtete. Was ist anbei die häufigste Gemeinsamkeit von Physios und Bodybuildern? Man versucht ständig irgendwelche Muskeln des Körpers zu "isolieren". Die Muskelgruppen des menschlichen Körpers können nicht isoliert werden. Ich nenne euch ein Beispiel anhand einer meiner Lieblingsübungen (Bild).

Wirklichkeit: Bei der Military Press arbeitet der ganze (Ober)körper als Einheit. Wenn ich meinen Rumpf mit Rückenstrecker und Bauchmuskulatur stabilisiere, habe ich zudem ein tolles Haltungstraining. Bei der Überkopfbewegung sind auch verschiedene Rückenmuskeln und Schulterstabilisatoren im Spiel, um das Schulterblatt aufwärts zu rotieren. Flexibilität brauche ich auch in den durch Alltag versteiften Innenrotatoren der Schulter, wie Latissimus Dorsi oder Pectoralis. Zudem eine top Möglichkeit, die Rotatorenmanschette der Schulter mit ordentlichem Widerstand zu trainieren.
Wenn etwas unausgeglichen ist, dann ist das im Bodybuilding das riesige Pensum, das mit Drück- und Zugübungen im horizontalen Bereich abgeleistet wird. Man könnte es auch so sehen: ein Bodybuilder tut fast täglich alles dafür, um Muskeln zu versteifen, die den Schultergürtel senken bzw. nach innen rotieren. Ihr könnt euch also gut vorstellen, warum die Fehlfunktionen von diesem Klientel hauptsächlich im Schulterbereich auftreten. Es ist ziemlich schwierig, so ein Training weiterhin auszuführen und gleichzeitig schmerzfrei zu werden. Ihr seht es anhand der Übungen, die ich dem Kunden erst einmal „verbieten“ muss: Bankdrücken, die meisten Zugübungen, Bizepstraining, Kniebeugen mit Gewicht auf dem Rücken, Kreuzheben, Seitheben, etc. - da bleibt nicht mehr viel übrig.
Warum ich diese Dinge aussortiere: weil sie entweder Schmerzen verursachen oder uns nicht dabei helfen, den Kunden schmerzfrei zu machen. Schmerz ist aber nicht unbedingt ein Indikator: Bei Zugübungen (z. B. Klimmzug) verspürt man oft keinen, doch helfen uns Übungen, die den Arm senken nicht gerade, den Arm irgendwann wieder einwandfrei über Kopf bewegen zu können! Ich habe einige Leute, denen ich absolute Lieblingsübungen streichen musste. Und die meisten waren alles andere als glücklich darüber. Doch ist es der schnellste und effektivste Weg, damit sich ihre Beschwerden bessern. Wenn sich die Dinge bessern – dies ist meist nach 4 – 6 Wochen der Fall – können verschiedene Elemente des Krafttrainings wieder einen Weg in das Programm finden.
Das Ego des Kunden
Das größte Problem bei diesem Klientel ist es über Wochen und Monate auf ihr gewohntes Trainingssystem zu verzichten. Nach meinen Eindrücken sind Gründe beispielsweise, dass sie verordnete Übungen manchmal zu wenig erschöpfen (Verlangen nach „Brennen“, „Ziehen“), das Ausüben von „Reha-Übungen“ als Schwäche betrachten (v.a. gegenüber anderen Männern im Studio) oder die Korrekturübungen auch nicht den gewünschten Muskelkater verursachen. Einige spielen einfach weiter ihre Routine ab und legen sich auf die Langhantelbank. Das ist dann eben Unbelehrbarkeit. Manchmal leiden diese Personen auch an Dysfunktionen, die mit 20 oder 30 zwar keine größeren Beschwerden verursachen, jedoch in ein paar Jahren zu einem richtig großen Problem werden können.
Ich kann den Punkt, sich beim Training auszutoben sehr gut nachvollziehen. Ich mache nach wie vor noch sehr gern Krafttraining. Deshalb versuche ich auch oft einen Kompromiss zu finden.
Wenn es nicht neben dem klassischen Bodybuilder-Workout TAUSENDE Übungen gäbe, mit denen man ähnliche Erfolge erzielen kann, ohne seinen Körper zu verschleißen. Man nehme nur mal den Unterarmstütz, anstelle des gängigen Sit-Ups. Manchmal KANN ich aber auch keine Kompromisse eingehen; wenn es der Schulter des Patienten nicht möglich ist, einen Unterarmstütz formgerecht oder ohne Schulterschmerzen auszuführen.
Dazu noch ein Beispiel: Vor einiger Zeit hatte ich einen Kunden, der aufgrund einer OP am Ellbogen lange Zeit überhaupt keinen Sport mehr machen konnte. Ich erklärte ihm, was die Gründe für seinen Tennisellbogen waren und warum Langhantel-Bankdrücken ihn wieder zurückwerfen könnte. Er zeigte sich zunächst einsichtig, aber nur wenige Wochen später sah ich ihn wieder auf der Bank liegen. Ergänzend dazu einige Übungen machen, die seinen Unterarm wieder in eine für ihn ungünstige Stellung brachten. Es gibt ein Sprichwort: „you can lead a camel to water, but you can't make him drink“...
Wie wir im (Büro-)Alltag Nackenprobleme erzeugen und warum Dehnen nicht die beste Lösung darstellt

Jetzt ein bisschen Physik: Regel Nr. 1 wieder (das hatten wir bereits): Gravity points down – die Schwerkraft geht immer nach unten. Im Foto oben habe ich diese durch einen dicken, roten Pfeil sichtbar gemacht. Stellen wir uns also einen Büroarbeiter vor, auf dessen Körper stundenlang die Schwerkraft einwirkt:

rot wieder für die Schwerkraft
Haargenau. Die Schwerkraft zieht also Dinge nach unten; in diesem Fall die Arme/Schultern der Büroarbeiterin, die den ganzen Tag vor ihrem Keyboard hockt. Unser Trapezmuskel (oberer Anteil) ist damit beschäftigt über stundenlang die Schultern zu halten bzw. stabilisieren:

Während also die Anziehungskraft versucht die Arme nach unten zu ziehen, versucht der obere Anteil des Trapezmuskels dagegenzusteuern. Der zweite große Nackenmuskel, der noch ins Spiel kommt ist der Levator Scapulae. Er hat unter anderem auch die Funktion, den Schultergürtel oben zu halten.

Wo denkt ihr wird unser Schreibtischtäter hinzeigen, wenn man ihn nach den Punkten des Schmerzes fragt: meist an die Außenseite und hinteren Nackenbereich (seht Euch den Muskel oben auf dem Bild dazu nochmal an ;-)). Bürodamen haben oft von Haus aus einen kleinen Nachteil: ich kann mich an ein großartiges Buch einer Professorin der Physiotherapie erinnern, die als Ursache von Nackenproblemen auch den BH nannte – kein Witz. So trägt man als Frau ohnehin schon etwas, das am Schulterbereich zieht. Ich gehe jetzt nicht genauer auf den Fakt ein, dass auf besser ausgestattete Damen noch mehr die Anziehungskraft wirkt.
Gehen wir also weg von Kleidung; diesmal zu übergewichtigen Personen oder Personen mit schweren Armen, z.B. Bodybuildern. Bei allen überproportionalen Szenarien hat man noch mehr Gewicht, das die Arme nach unten zieht.
Ich denke, es ist leicht begreifbar zu machen, was mit unserem Nacken passiert, wenn bei solchen Dingen 8-9 Std pro Tag die Anziehungskraft wirkt und unseren Schultergürtel Richtung Boden zieht.
Szenario Kopf nach vorn
Evtl. habt ihr schon mal vom Vorwärts-Kopf-Syndrom gehört. Es gehört zu den am häufigsten auftretenden Haltungen, v.a. Im Bürobereich. Erinnert ihr euch an den oben genannten Levator Scapulae, den Nackenmuskel? Hat man permanent den Kopf nach vorne geneigt, zieht man an diesem Muskel und es ist kein Wunder, dass dieser versteift. Wenn man jetzt noch bedenkt, dass der Muskel eine Verbindung zu unserem Schulterblatt hat, kann man sich vorstellen, dass das Problem auch sehr schnell unseren Schultergürtel betreffen kann.
Gehen wir weiter zum Schultergürtel: Werden die Schultern den ganzen Tag über nach unten gezogen, kann dies auch zur Folge haben, dass es plötzlich auch Einschränkungen beim Bewegen des Armes gibt. Denn wenn man den Arm hebt, sollte sich auch der Schultergürtel dementsprechend mitbewegen (Anm.: diesen Rhythmus kann man übrigens trainieren), das heißt in unserem Fall angehoben werden. Und welcher Muskel hebt hauptsächlich den Schultergürtel: der obere Trapez – der Muskel, an dem wir den ganzen Büroalltag lang ziehen und ihn „verlängern“. Top, oder!?
Gängige Nackendehnungen können kontraproduktiv wirken

Es ist leider nicht so einfach wie: „Dein Nacken ist verspannt und schmerzt. Zieh mit deiner Hand am Kopf und versuch die Nackenmuskulatur zu dehnen.“ Vielleicht schmerzen deine Nackenmuskeln nicht, weil sie zu dominant sind – sondern weil den ganzen Tag an ihnen gezogen wird?!
Habt ihr auch Verspannungen/Nackenschmerzen. Schreibt mir und wir lösen das Problem.